Buchtipp: Monika Geier „Alles so hell da vorn“

Ich gebe zu, ich bin ein Fan von Monika Geier. Und ihrer Ermittlerin Bettina Boll. Mit einem Halbtagsjob (sie kümmert sich alleinerziehend um die Kinder ihrer verstorbenen Schwester) jagt diese leicht chaotische, aber vor keinem Abgrund zurück schreckende, immer empathische Pfälzer Kommissarin in ihrem mittlerweile achten Fall die Bösen.

Das gestaltet sich wie immer mäandernd und intuitiv und erlaubt tiefe Einblicke in fremde Gedankenwelten: „Was du mal werden willst: Nichtraucherin. Nee, jetzt im Ernst, ein Körper, der ganz sauber ist, das wär’s. Alle Löcher gehören dir allein. Und deine Lunge und dein Herz auch und vor allem dein Gehirn.“ Die so räsonniert, ist die erste Täterin, die uns begegnet, eine junge Prostituierte, die einen Polizisten im Puff erschießt.  Danach erledigt sie noch einen Zuhälter und einen Schuldirektor namens „Gutvatter“. Warum? Bettina Boll und ihre KollegInnen rätseln. Weitere Täter und Taten deuten sich im Hintergrund an: ein vor langer Zeit verschwundenes Mädchen, sexuelle Ausbeutung in der Familie,  Menschenhandel, Zwangsprostitution, die ahnungsvoll schweigende Dorfbevölkerung und Protektion von höchster Stelle  für Korruption bei der Polizei.

Zudem scheint sogar die Natur ein Hort des Bösen: „Der Baum war wie eine Zeitkapsel, man …  befand sich unversehens im vergessenen Außenposten einer uralten Schattenwelt. Sie stieg aus und fröstelte.“ Das Haus von Bettinas verstorbener Tante Elfriede, hinter einer boshaften Eibe gelegen, birgt verborgene Räume und dunkle Geheimnisse, die Kommissarin hat am Ende selbst eine Leiche im Keller.

Vor allem aber dreht sich dieser packende Krimi um das, was Prostitution aus (jungen) Frauen macht, und auch aus Männern. Und damit letztlich aus unserer Gesellschaft, die das menschenverachtende System der Prostitution legitimiert und fördert. Hier gibt es wenig Helles und viel Dunkles und wenig Hoffnung auf Heilung. Aber das erzählt Monika Geier spannend und mitfühlend bis zur letzten Zeile.

Monika Geier: Alles so hell da vorn. Ariadne bei Argument, Hamburg. 412 S., 13 Euro.

(Verf.: Annette Keinhorst 2017)