Buchvorstellung Anja Röhl: „Die Frau meines Vaters. Erinnerungen an Ulrike Meinhof“

„Kind sein heißt allein sein, schuld sein, essen müssen, schlafen müssen, brav sein müssen. Kind sein heißt, sich nicht wehren zu können.“
So erlebt die Autorin Anja Röhl ihre Kindheit in den 1950er und 60er Jahren. Im Arbeiterviertel Hamburg-Barmbek herrscht die Dumpfheit der Nachkriegszeit. Die Mutter, als geschiedene Alleinerziehende geächtet, ist erst spätabends zu Hause; der Vater, übergriffig und manipulierend, aber von der linken Schickeria hofiert, kommt nur unzuverlässig; die Altnazi-Großeltern bieten bei kurzen Besuchen noch die meiste Wärme.
Doch als sie fünf Jahre alt ist, stellt ihr Vater, der Konkret-Verleger Klaus Rainer Röhl, ihr seine neue Freundin vor: Ulrike Meinhof.
Für Anja ist sie die einzige Erwachsene, die sie wirklich versteht, die gegen den Vater für sie Partei ergreift, bei der sie keine Angst haben muss vor Strafe und bei der sie sich zugehörig fühlt.
Die Dankbarkeit für diese Erfahrung prägt auch die Beziehung zu Ulrike Meinhof nach deren Trennung von Mann und Kindern. Anja Röhl bleibt ihr verbunden, besucht sie im Gefängnis, schreibt ihr Briefe, allen Anfeindungen zum Trotz und obwohl sie Ulrikes politische Positionen nicht teilt. Ein Dokument der Zeit- und Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik, aus der Perspektive eines Mädchens erzählt.
Anja Röhl liest aus ihrem Buch und beantwortet Fragen aus dem Publikum.
Eine Veranstaltung der Peter Imandt Gesellschaft/Rosa Luxemburg Stiftung Saarland in Kooperation mit der FrauenGenderBibliothek Saar und „Der Buchladen“ Saarbrücken

Hinweis: das Kino achteinhalb zeigt am Freitag, 27. Oktober 2017 um 20 Uhr den Film „Bambule“ von Ulrike Meinhof. Zuvor wird Peter Weinmann von der „Anlaufstelle für Selbstbestimmt Leben“, Saarbrücken in das Thema einführen. Eine gute Ergänzung zum Buch und zur Lesung!
Foto: (c) Verlag Nautilus